Gemeinsam vorwärts kommen
Dolores Espinoza ist Bio-Bäuerin, Genossenschafterin und Mutmacherin.
Ihre fair gehandelten Arabica Hochlandbohnen stecken im Kaffee Adelante von EZA Fairer Handel. Er erzählt die Geschichte von Frauen, die sich dafür stark machen, dass sie selbst die Früchte ihrer Arbeit ernten.
Dolores Benitez Espinoza stammt aus einer kinderreichen Familie. Die heute 43-Jährige ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Als Bio-Kaffeebäuerin bewirtschaftet sie rund 2 Hektar Land. Espinoza ist in einem kleinen Dorf in Honduras, 37 Kilometer von Marcala, dem Sitz der Frauenkooperative APROLMA, aufgewachsen. „Meine Eltern konnten mir nur eine Basisausbildung ermöglichen. Zu mehr reichte das Geld nicht“, erzählt sie. Bereits als 16-Jährige hat sie ihr Leben selbst in die Hand genommen. Die Ausbildung zur Buchhalterin finanzierte sie sich als Sprecherin eines lokalen Radios. Schon früh kam sie mit Frauen in Honduras in Kontakt, die sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzten – kein leichtes Unterfangen in einer stark machistisch geprägten Gesellschaft. „Mein Traum war immer, Anwältin zu werden, und Frauen dabei zu unterstützen, zu ihrem Recht zu kommen,“ erzählt Espinoza. Die finanziellen Einschränkungen haben das nicht ermöglicht.
Espinoza wurde Genossenschafterin und Bio-Bäuerin – und macht sich gemeinsam mit anderen in ihrem Umfeld seit über 20 Jahren für die Anliegen benachteiligter Frauen stark. „Wir Frauen müssen uns zu allererst selbst achten und wertschätzen“, erklärt sie. „Wir müssen erkennen, dass die Arbeiten, die wir verrichten – ob im Haushalt oder auf dem Feld – einen Wert haben.“ Dann gehe es um die Bereitstellung von Wissen und um den Aufbau einer starken Organisation. In der Kooperative, der sie angehört, hat Weiterbildung einen hohen Stellenwert. Die Frauen beschäftigen sich mit Themen, die ihre konkrete Arbeit in der Landwirtschaft betreffen, lernen aber auch ihre Rechte als Frauen in der Gesellschaft kennen. „Aber Engagement im sozialen Bereich allein reicht nicht. Wir brauchen auch eine wirtschaftliche Grundlage.“ Der Anbau und die eigenständige Vermarktung von Arabica Hochlandkaffee sowie die Ausbildung im organisch biologischen Landbau wurden zu starken Säulen der produktiven Basis.
Das wichtigste sind die Menschen
Etwa die Hälfte der 69 Mitglieder von APROLMA kann auf eine langjährige Erfahrung zurückblicken. Das kam den Frauen – nach einem unlösbaren Konflikt mit der Organisation, der sie ursprünglich angehörten – im Jahr 2014 bei der Neugründung der Genossenschaft immens zugute. „Durch den Entschluss, unsere eigene Kooperative zu schaffen, fanden wir uns plötzlich in einer sehr schwierigen Situation wieder. Wir hatten weder Infrastruktur, noch Zertifizierungen und Märkte“, schildert Espinoza. Was ihnen aber niemand nehmen konnte, waren die Erfahrung und die Willensstärke, sich nicht unterkriegen zu lassen. „Wir haben gesehen: Das wichtigste sind die Menschen und das, was wir alle gemeinsam in die Organisation einbringen konnten.“
Binnen kürzester Zeit formierte sich APROLMA neu, erlangte die Rechtspersönlichkeit, die Bio-Zertifizierung, das Ursprungszertifikat für Qualitätskaffee aus Marcala und zuletzt auch die Fairtrade-Zertifizierung. „Wir haben in unserer Organisation darüber diskutiert, ob wir diese anstreben sollten“, erzählt Dolores. „Das ist auch eine Kostenfrage. Dadurch, dass wir eine Vorfinanzierung von EZA Fairer Handel und deren fixe Zusage hatten, dass sie uns zertifizierten Kaffee abkaufen würde, haben wir uns dazu entschlossen.“
Bei ihrem jüngsten Besuch Ende Oktober 2018 verwies die Kaffeebäuerin einmal mehr auf die Bedeutung eines Fairen und solidarischen Handels. Denn seit Monaten befinden sich die Weltmarktpreise für Arabica-Hochlandkaffees im Keller. Während die EZA Fairer Handel 230 US Dollar pro 45,4 kg Rohkaffee direkt an die Genossenschaft APROLMA bezahlt, liegen an den Börsen die Notierungen bei knapp 100 US Dollar pro Sack. Unorganisierte Bauern und Bäuerinnen bekommen auch davon nur einen Bruchteil. „Damit kann niemand kostendeckend produzieren. Wenn das so weitergeht, werden immer mehr Menschen aufgeben“, kommentiert Espinoza. Armut und Abwanderung sind die Folge.
Gleichberechtigt arbeiten
Die Frauen von APROLMA bewirtschaften ihr eigenes Land und erzielen ihr eigenes Einkommen. Beides ist im Kontext der Kaffeeproduktion und einer männerdominierten Gesellschaft außergewöhnlich. Manchen Frauen wurde es durch die wirtschaftliche Unabhängigkeit erleichtert, sich aus schwierigen und gewaltvollen Beziehungen zu lösen, erzählt Espinoza, andere haben dadurch in ihrer Familie eine stärkere Position bekommen. Sie werden in dem, was sie schaffen, nicht nur respektiert, sondern auch wertgeschätzt und von ihren Partnern unterstützt. „Wir wollen keine Umkehr des Rollenverständnisses zwischen Mann und Frau. Wir wollen, dass Frauen eine faire Chance bekommen, sich am wirtschaftlichen, politischen und sozialen Leben gleichberechtigt zu beteiligen! Dafür setzen wir uns ein,“ sagt Espinoza. Dabei gibt es auch konkrete Angebote für die Männer der Genossenschafterinnen. So organisierte APROLMA kürzlich einen Workshop, in dem geschlechtsspezifische Rollenverteilungen hinterfragt und Gewalt in der Familie thematisiert wurde.
Es geht vorwärts
Wenige Jahre nach der Gründung von APROLMA haben Espinoza und ihre Kolleginnen viel erreicht. Die Erträge auf den Parzellen haben sich durch die konsequente Bekämpfung der Roya, einer gefürchteten Pilzkrankheit, die die Kaffeesträucher befällt, deutlich verbessert. Ihren Kaffee verkaufen sie ausschließlich an den Fairen und solidarischen Handel. Sie erzielen dadurch Preise, die nicht nur ihre Produktionskosten decken, sondern sie auch in der Verwirklichung zusätzlicher Vorhaben unterstützen.
Weiterbildungen zum biologischen Landbau zählen ebenso dazu wie verschiedene Maßnahmen im Gesundheitsbereich, etwa kostenlose Untersuchungen zur Früherkennung von Brust- und Gebärmutterhalskrebs bzw. Schulungen zum Thema Familienplanung. Ein Rotationsfonds wurde eingerichtet, der Frauen aus der Genossenschaft den Zugang zu dringend benötigten finanziellen Mitteln ermöglicht. Auch das Thema Ernährungssicherung und Diversifizierung spielt eine Rolle. Auf den kleinen Parzellen wächst Kaffee mit Zitrusbäumen und Bananenstauden. Manche Frauen bauen zusätzlich Aloe Vera und Heilkräuter an, am weiteren Ausbau der Hausgärten soll verstärkt gearbeitet werden. „Gleichzeitig empfehlen wir unsere Mitglieder aber auch, Lebensmittel, die sie nicht selber anbauen oder anbauen können, bei den lokalen Bauern und Bäuerinnen vor Ort einzukaufen,“ betont die Kaffeebäuerin. Jeden Sonntag kommen diese aus den umliegenden Dörfern mit ihrem Obst und Gemüse zum Wochenmarkt nach Marcala. „Das sind kleine Familienbetriebe, die ihre Landwirtschaft ohne Chemieeinsatz betreiben. Bei ihnen bekommt man Erdäpfel, Tomaten Chilis….Ihnen kann man vertrauen.“ Was den Ursprung vieler Lebensmittel in Honduras anbelangt, hat Espinoza ihre Zweifel. „Man weiß nicht genau, woher sie kommen. Vieles wird importiert. Das sehen wir kritisch. Denn vermutlich stützt man damit nur die Großen.“
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