Partnerbeschreibung

Aj Quen
Textilprodukte und Räucherware aus Guatemala
Knapp die Hälfte der guatemaltekischen Bevölkrung von über 18,5 Millionen EinwohnerInnen gehört einer der zahlreichen Maya-Gruppen an. Ihre Margnialisierung begann mit der spanischen Kolonialisierung. Rund zwei Drittel der damaligen Bevölkerung starb durch Gewalttaten und eingeschleppte Krankheiten. Ein Grundkonflikt Guatemalas ist die bis heute ungerechte Landverteilung. Kirche und Kolonialherren teilten sich die Ländereien auf und setzten die überlebenden Maya als SklavInnen ein. Nach der Unabhängigkeit 1821 wurde das Land unter den Eliten verteilt. In weiterer Folge breitete sich der Einfluss der USA durch korrupte politische MachthaberInnen immer stärker aus. Die United Fruit Company - heute Chiquita - konnte davon am stärksten profitieren. Zwischen 1931 und 1944 trat sogar ein altes Gesetz der indigenen Zwangsarbeit wieder in Kraft. Nach der "Oktoberrevolution" 1944 sah es nach einer Verbesserung der demokratischen Rechte aus. Durch eine Agrarreform wurde die United Fruit Company enteignet und ungenützte Böden an landlose Bauernfamilien verteilt. Doch die USA intervenierten und inszenierten einen Staatsstreich, der in einen 36 Jahre andauernden Bürgerkrieg mündete. Die Mayas waren die Hauptleidtragenden des Krieges, der eine traumatisierte Gesellschaft hinterließ. Ein Krieg, den Staat und Militär nicht nur gegen Guerillaeinheiten führten, sondern mit unvorstellbarer Grausamkeit auf die vorwiegend indigene Bevölkerung ausdehnte. Ein Massenmord mit 200.000 Toten, an die 45.000 Verschwundenen, mehr als 400 zerstörten Dörfern und eine Million intern Vertriebenen ist die traurige Bilanz dieses Krieges. Seine Ursachen sind auch Jahre nach dem Friedensabkommen von 1996 zwischen Regierung und Guerilla nicht beseitigt. Kaum anderswo in Lateinamerika findet man eine ähnlich ungerechte Landverteilung und hohe Konzentration des Reichtums in den Händen weniger. Rund zwei Drittel der Ländereien sind in Besitz von 3% der Bevölkerung. Gewaltverbrechen, Korruption, organisierte Kriminalität und Straflosigkeit gehen bis heute Hand in Hand. Der Zugang zu Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten ist schwierig. Aus diesem Grund emigrieren viele GuatemaltekInnen in die USA und nach Mexiko, wo sie als billige Arbeitskräfte „ihr Glück“ versuchen.
EZA-Partner seit 2011
Partnercode 43
"Der bewaffnete Konflikt in Guatemala hat viele Frauen zu Witwen und Kinder zu Waisen gemacht. Um ihre grundlegenden Bedürfnisse auch in dieser Situation befriedigen zu können, dachten die Frauen daran ihre Handwerksprodukte gemeinschaftlich über den Fairen Handel zu verkaufen. Denn der Faire Handel achtete ihre Arbeit und Kultur, und unterstützte sie durch diverse produktive Projekte und umfassende Schulungen. Heute haben die Gruppen der Handwerksvereinigung Aj Quen die integrale Entwicklung ihrer Mitgliedsfamilien und deren Gemeinschaften zum Ziel. Zudem hat die Vereinigung dazu beigetragen, dass die Frauen zu Trägerinnen einer selbstbestimmten Entwicklung wurden."
Quelle: Aj Quen, Memoria de Labores
Aj Quen
Aj Quen wurde 1989 von VertreterInnen mehrerer Handwerksgruppen gegründet und leistet seither wichtige Unterstützungsarbeit für indigene HandwerkerInnen (vor allem Frauen). Damit gilt die Organisation als die älteste Handwerksvereinigung Guatemalas. Über die Vermarktung ihres traditionellen Handwerks wird Einkommen für indigene Familien geschaffen und die traditionelle Kultur sowie die Kooperation unter den einzelnen Gruppen gefördert. Neben den klassischen Aufgaben einer Vermarktungsorganisation des Fairen Handels leistet Aj Quen div. Fortbildungen. Mit der Entwicklung alternativer, touristischer Angebote versucht Aj Quen neue Einkommensmöglichkeiten in den indigenen Dorfgemeinschaften zu erschließen. Ein weiteres Anliegen ist die Förderung der Solidarökonomie im nationalen wie regionalen Kontext. Seit Beginn der Pandemie leiden viele Aktivitäten Aj Quens (wie Bildungs-, Seminar- und touristische Angebote) unter den verhängten Restriktionen, umso bedeutender wurde die Vermarktung der Produkte.
Aj Quen bedeutet in der indigenen Sprache Kakquiquel "Weber". Gleichzeitig steht der Name als Symbol für die kollektive Arbeit und die angestrebte Integration. Aj Quen sieht es als seine Aufgabe die Solidarität zwischen den unterschiedlichen Produzentengruppen zu fördern. Der Sitz der Organisation befindet sich in Chimaltenango. Aj Quen verfügt über ein modernes, gut ausgestattetes Verwaltungs- und Produktionsgebäude, einen Verkaufsladen, ein Schulungs- und Seminarzentrum mit Gästezimmern und Kantine. Zusammengearbeitet wird ausschließlich mit organisierten ProduzentInnen. Sie sind Mitglieder der "Vereinigung" Aj Quen und treffen alle strategischen Entscheidungen. Bedingungen für die Mitgliedschaft bei Aj Quen sind Kooperationsbereitschaft und solidarische Beziehungen innerhalb und zwischen den Gruppen, die Teilnahme an den Aktivitäten und Versammlungen Aj Quens und eine Mindestgruppengröße von acht Personen inkl. gewähltem Vorstand.
Die ProduzentInnen
Hauptzielgruppe Aj Quens ist die ländliche, indigene Bevölkerung. Die rund 205 ProduzentInnen (mehr als 95% Frauen) gehören unterschiedlichen Mayagruppen wie Quiché, Kakquiquel, Tzutujil und Quekchí an. Insgesamt arbeitet Aj Quen mit 16 Produzentengruppen mehrerer Dorfgemeinschaften in 5 der 22 Departements Guatemalas (in Sololá, Totonicapán, Chimaltenango, Alta Verapaz und Quetzaltenango) zusammen. Nicht alle der Gruppen produzieren für den Export. Ca. 13 Gruppen erhalten regelmäßige Aufträge. Wieder andere werden mit produktiven Projekten unterstützt (z. B. der Gründung gemeinschaftlicher Sparprogramme oder dem Aufbau einer Werkstätte für die Herstellung traditioneller Trachten für den Inlandsmarkt).
Die meisten ProduzentInnen arbeiten in Heimarbeit. Nur zwei der Gruppen verfügen über ein gemeinschaftliches Produktionszentrum (Centro Artesanal) und arbeiten als Kollektiv. Die ProduzentInnen stellen Textil- und andere Handwerksprodukte her. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem Weben von Stoffen, einer traditionellen Tätigkeit indigener Frauen in Guatemala. Die von Hand gewebten, bunten Stoffe werden von anderen Gruppen zu einer breiten Palette von Textilprodukten verarbeitet. Es gibt eigene Näh-, Stick-, Häckel-, aber auch Keramikgruppen. Für die Mitglieder Aj Quens stellt das Kunsthandwerk einen bedeutenden Anteil des Familieneinkommens dar (ca. 60%). Weitere Einkünfte kommen aus der eigenen kleinen Landwirtschaft. Manche ProduzentInnen führen kleine Läden mit Waren des täglichen Bedarfs.
Die Produkte von Aj Quen sind über EZA und WELTLÄDEN erhältlich.
Weitere Informationen:
www.ajquen.com
Quellen: EIF Aj Quen 08/20, Update Aj Quen 05/21, Weltbank, Minorityrights; (EZA,akt. Feb. ´22)
Vorteile aus dem Fairen Handel
Über die Mitgliedschaft bei Aj Quen sind die ProduzentInnen nicht nur direkt in die Entscheidungsfindung der Organisation und ihrer Mitgliedsgruppen eingebunden, sondern erhalten Unterstützung in Form von:
- technischen Schulungen und Fortbildungen (z. B. Produkt- und Designentwicklung, Produktionstechniken, Qualitätssicherung, etc.)
- Maßnahmen zur Förderung einer selbstbestimmten Entwicklung (v. a. Bildungsangebote und Bewusstseinsbildung)
- Zugang zu sozialen, produktiven und touristischen Projekten (z. B. Gemeinschaftskassen, Dorfläden, Schneiderei, etc.)
- Inputs (Nähmaschinen, Webstühle, Werkzeuge, etc.) und Zugang zu Kleinkrediten
- Vorauszahlungen bzw. Ausgabe der Produktionsmittel und verlässliche Bezahlung innerhalb von 14 Tagen nach Übergabe der Produkte aufgrund 50%iger Vorauszahlungen durch die Fair-Handels-Partner;
Der Faire Handel ist der wichtigste Abnehmer für die Produkte von Aj Quen, allen voran die EZA Fairer Handel mit ihren regelmäßigen Bestellungen für die DKA Sternsingeraktion. Im Jahr 2020-21 stand die EZA für 70% der Exportaufträge von Aj Quen.