EZA Stellungnahme anlässlich Kurierartikel zu Zotter
Der Kurier vom 18.8.2018 berichtet, dass Josef Zotter das Fairtrade Gütesiegel von der Verpackung nimmt. Zu im Artikel aufgeworfenen Themen nimmt die EZA Fairer Handel Stellung.
Unter dem Titel „Zotter pfeift auf Fairtrade Logo“ wird berichtet, dass Josef Zotter seine Schokoladen zukünftig nicht mehr mit dem Fairtrade Gütesiegel auszeichnen wird. Er werde sein eigenes Fair-Logo auf die Verpackung geben. Der im Artikel genannte Hauptgrund liegt im sogenannten Mengenausgleich. Weiters sei er der WFTO beigetreten.
Aus diesem Anlass legen wir unsere Position rund um EZA-Schokoladen, Fairtrade-Zertifizierung, Mengenausgleich und WFTO-Mitgliedschaft wie folgt dar:
EZA-Schokoladen sind seit 1996 Fairtrade-zertifiziert und waren die ersten fair gehandelten Schokoladen in Österreich.
Bei deren Herstellung werden die fair gehandelten Rohstoffe strikt getrennt von nicht fair gehandelten Rohstoffen verarbeitet. Wir gehen nicht den Weg der Massenbilanzierung/des Mengenausgleichs wie ihn andere Fairtrade-Lizenznehmer eingeschlagen haben, sondern können die physische Rückverfolgbarkeit der Rohstoffe Kakao und Rohrzucker bis zu den Ursprungskooperativen gewährleisten. Die Partnerorganisationen, die die fair gehandelten Zutaten der EZA Schokoladen produzieren, werden zudem auf der EZA-Website transparent dargestellt.
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Dieser Weg ist nicht einfach, er ist in der Herstellung teurer. Dennoch haben wir ihn gewählt (und glücklicherweise Hersteller an unserer Seite, die dies möglich machen), weil unsere Kakao- und Zucker-PartnerInnen hohe Qualität produzieren und sich diese auch in den Schokoladen der EZA Fairer Handel wiederfinden sollte, die wir mit dem Fairtrade-Gütesiegel auszeichnen lassen.
Wir meinen auch, dass dies den Erwartungen vieler KundInnen entspricht, die davon ausgehen, dass in einem Fairtrade besiegelten Produkt auch Fairtrade-besiegelte Zutaten enthalten sind, egal ob es sich um Kaffee handelt (wo dies ohnehin der Fall ist!) oder um Schokolade (wo durch die Möglichkeit des Mengenausgleichs dies bei der Mehrzahl der Fairtrade besiegelten Schokoladen nicht mehr zu erwarten ist).
Dass Fairtrade die Option der Massenbilanzierung/des Mengenausgleichs eröffnet, können wir insofern nachvollziehen, als es Aufgabe und Rolle von Fairtrade ist, Märkte für u.a. fair gehandelten Kakao zu erschließen.
Aus Sicht der ProduzentInnen, die hohe Standards für ihre Kooperativen erfüllen müssen, ist es wichtig, dass sie einen maximalen Anteil ihrer Ernte zu Fairtrade Bedingungen verkaufen können, damit sich ihr Aufwand lohnt und sich ihre Lebensbedingungen verbessern. Denn je höher dieser Anteil ist, umso mehr profitieren sie von höheren Preisen und Prämienzahlungen.
Der Mengenausgleich/die Massenbilanzierung erleichtert den Einstieg für Hersteller ins Fairtrade System. Auf einem extrem monopolisierten Markt – wenige Konzerne dominieren einzelne Verarbeitungsschritte in der Produktionskette von Schokolade – wird es zunehmend schwieriger, getrennte Verarbeitung zu garantieren. Dass dies als kleiner Händler zwar schwierig, aber dennoch möglich ist, zeigen wir mit unseren EZA-Schokoladen.
Darüber hinaus profitieren vom System des Mengenausgleichs aber auch multinationale Konzerne, die es Kraft ihrer Ressourcen durchaus in der Hand hätten, getrennt zu verarbeiten. Das Ziel sollte doch sein, dass sich ihre gesamte Rohstoffbeschaffung an fairen Kriterien orientiert. Hier wäre ein Regelwerk, das die Hersteller stärker fordert, wünschenswert – auch im Rahmen einer freiwilligen Gütesiegelinitiative.
Am anderen Ende der Kette braucht es VerbraucherInnen, die bereit sind, den Wert einer getrennten Verarbeitung breiter anzuerkennen.
Kritisch sieht die EZA Fairer Handel den Mengenausgleich/die Massenbilanzierung auch insofern, als durch ein und dieselbe Kennzeichnung (das Fairtrade Gütesiegel) für die VerbraucherInnen nicht nachvollziehbar ist, dass unterschiedliche Verarbeitungsprozesse damit verbunden sind. Dies kann bei manchen VerbraucherInnen zu Verunsicherung führen und birgt letztlich die Gefahr eines Glaubwürdigkeitsverlustes des Konzepts an sich, was allen AkteurInnen im Fairen Handel schadet. Darüber hinaus entsteht ein zunehmender Wettbewerbs- und Differenzierungsdruck für jene, die sich für eine physisch nachvollziehbare Produktionskette entschieden haben.
EZA Produkte erkennt man am orangen EZA-Logo. Das ist unsere Marke. Sie steht für unser Unternehmen und eine ganzheitliche Praxis des Fairen Handels. Zusätzlich dazu tragen EZA-Schokoladen und viele andere EZA-Produkte das Fairtrade-Gütesiegel. Es steht für eine unabhängige Kontrolle der Kriterien für Produzentenorganisationen und Händler, also auch der EZA Fairer Handel. Dies dokumentieren wir abseits unseres Logos mit dem Fairtrade-Gütesiegel auf unseren Verpackungen.
Weitere Leistungen der EZA Fairer Handel – wie etwa zusätzliche Qualitätsprämien für Partnerorganisationen, Informations- und Bewusstseinsarbeit zum Fairen Handel, Dialogprogramme in Österreich mit ProduzentenpartnerInnen aus dem Süden, Bildungsreisen zu Partnerorganisationen…– gehen über die Fairtrade-Standards hinaus.
Als Gesamtunternehmen orientieren wir uns deshalb in unserem Handeln an den 10 Prinzipien der internationalen World Fair Trade Organisation WFTO, deren Einhaltung extern überprüft wird. Sie sind die Grundlage dafür, wie wir mit den HandelspartnerInnen insgesamt zusammenarbeiten und als Unternehmen agieren.
Die EZA Fairer Handel ist Gründungs- und extern geprüftes Mitglied der WFTO.
Das WFTO-System ist derzeit kein Zertifizierungssystem – weder von Produkten noch von Unternehmen. Es hat sich in den vergangenen Jahren von reinen Selbstevaluierungen der Mitgliedsorganisationen weiterentwickelt zu einem in 10 Prinzipien gefassten System, das anhand konkreter Kriterien eine Beurteilung erlaubt, ob eine Organisation oder ein Unternehmen als Ganzes nach den von den Mitgliedsorganisationen gemeinsam definierten Prinzipien des Fairen Handels arbeitet. Dieser Prozess umfasst mittlerweile eine verpflichtende Begutachtung durch einen/eine externe/n Prüfer/in.
Die EZA Fairer Handel hat diesen Prozess als Mitglied nicht nur aktiv mitgestaltet, sondern auch die externe Überprüfung durchlaufen und hat damit den Status eines garantierten WFTO-Mitglieds erlangt.
Die WFTO ist strukturell völlig unabhängig von Fairtrade International. Dennoch gibt es Austausch zwischen den beiden internationalen Netzwerken und Grundsatzerklärungen, die das gemeinsame Anliegen des Fairen Handels unterstreichen.
Die Mitglieder der WFTO sind v.a. ProduzentInnen- und Vermarktungsorganisationen (v.a. aus dem Handwerksbereich, aber nicht nur) aus dem Globalen Süden, Importorganisationen des Fairen Handels sowie Weltladendachverbände aus dem Norden. Dazu kommen länderspezifische Netzwerke, die sich der Arbeit am Fairen Handel verschrieben haben.
Während die WFTO den Fokus auf die Gesamtausrichtung einer Organisation legt, was wir als EZA Fairer Handel sehr begrüßen, ist das Fairtrade Gütesiegel ein Produkt-Gütesiegel. Es trifft eine Aussage über das Produkt und nicht über das Unternehmen, das dieses Produkt etwa in den Handel bringt. Die mittlerweile große Zahl unterschiedlicher Anbieter umfasst solche, die einzelne Produkte ihres Sortiments zertifizieren lassen bis zu solchen, die in ihrer Gesamtausrichtung den Fairen Handel praktizieren wie die EZA. Dies lässt sich am Fairtrade Gütesiegel nicht ablesen.
Für uns haben beide Systeme, WFTO wie Fairtrade, großes Gewicht. Im Zusammenspiel vieler verschiedener AkteurInnen wurde in den vergangenen Jahren dadurch die Notwendigkeit Fairen Handels sichtbarer, die Lebensbedingungen tausender Menschen haben sich verbessert. Es werden aber auch neue Fragen aufgeworfen. Qualitäten und Herausforderungen haben beide Systeme.
Ob die Kriterien, egal in welchem der beiden Netzwerke, den festgelegten Zielen entsprechen, dafür braucht es eine kontinuierliche kritische Reflexion, in der die Stimme der ProduzentInnen größtes Gewicht haben muss – denn immerhin ist der Faire Handel damit angetreten, deren Position im Welthandel zu stärken und deren Lebensbedingungen zu verbessern.
Die Kriterien eines lebendigen Systems dürfen niemals in Stein gemeißelt sein, sie müssen immer wieder angepasst werden – im Sinne der Schwächsten in der Lieferkette. Diese Prozesse wollen wir auch in Zukunft mitgestalten, als Fairtrade Lizenznehmerin mit vielen Fairtrade besiegelten Produkten, als geprüftes WFTO-Mitglied, als Anbieterin von Schokoladen ohne Mengenausgleich und als Unternehmen, das den Fairen Handel in Österreich begründet hat und versucht, diesen so umfassend wie möglich zu leben. Um internationale Handelsbedingungen gerechter zu gestalten, brauchen wir die Kräfte aller!
EZA Fairer Handel, 22. August 2018
Zusammenfassung:
- EZA-Schokoladen sind seit 1996 Fairtrade-zertifiziert und waren die ersten fair gehandelten Schokoladen in Österreich.
- Bei deren Herstellung werden die fair gehandelten Rohstoffe strikt getrennt von nicht fair gehandelten Rohstoffen verarbeitet (keine Mengenausgleich). Das ist in der Herstellung teurer.
- Unsere Kakao- und Zucker-ProduzentInnen schaffen hohe Qualität. Diese ist damit auch in den Schokoladen der EZA Fairer Handel enthalten.
- Der von Fairtrade eröffnete Mengenausgleich ermöglicht den Produzentinnen größere Märkte und erleichtert Herstellern den Einstieg ins Fairtrade System – darunter auch große Player, die die Ressourcen hätten, getrennt zu verarbeiten.
- Die unterschiedlichen Verarbeitungsprozesse (mit oder ohne Mengenausgleich) sind für die VerbraucherInnen am Gütesiegel nicht ablesbar, das kann zu einer Verunsicherung und damit Gefährdung der Glaubwürdigkeit des Fairtrade Konzepts führen und erhöht den Wettbewerbs- und Differenzierungsdruck derer, die ohne Mengenausgleich arbeiten.
- EZA Produkte erkennt man am orangen EZA-Logo. Das ist unsere Marke. Sie steht für unser Unternehmen und eine ganzheitliche Praxis des Fairen Handels.
- Zusätzlich dazu tragen EZA-Schokoladen das Fairtrade-Gütesiegel. Es steht für eine unabhängige Kontrolle der Kriterien für Produzentenorganisationen und Händler, also auch der EZA Fairer Handel.
- Das Fairtrade Gütesiegel ist ein Produktgütesiegel. Es gibt keine Auskunft darüber, wie ein Hersteller/Händler als Gesamtunternehmen agiert.
- Die EZA Fairer Handel ist Gründungs- und extern geprüftes Mitglied der WFTO. Das WFTO-System versteht sich derzeit nicht als Zertifizierungssystem – weder von Produkten noch von Unternehmen.
- Die WFTO legt den Fokus auf die Gesamtausrichtung einer Organisation/eines Unternehmens. Anhand der 10 Prinzipien der WFTO müssen die Mitglieder dokumentieren, inwieweit sie diesen Prinzipien entsprechen. Dies wird extern überprüft.
- Beide Systeme, sowohl Fairtrade als auch WFTO, haben ihre Qualitäten und viel für den Fairen Handel erreicht. In beiden Systemen gibt es jedoch auch Potential zur Weiterentwicklung. Die Stimmen der ProduzentInnen haben dabei größtes Gewicht.
- Um internationale Handelsbedingungen gerechter zu gestalten, brauchen wir die Kräfte aller!
EZA Fairer Handel, 22. August 2018
Rückfragen an:
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