Katastrophe im Libanon
Beirut liegt in Trümmern. Unsere Partnerorganisation Fair Trade Lebanon sendet Appell zur Unterstützung der Zivilgesellschaft.
Der krisengeschüttelte Libanon erlebt die schwerste Zeit seit dem Ende des Bürgerkrieges. Seit Monaten protestieren tausende LibanesInnen gegen eine korrupte politische Machtelite. Sie hat das Land - ehemals die "Schweiz des Nahen Ostens" - an den wirtschaftlichen Abgrund gebracht. Und sie wird für die verheerende Explosion verantwortlich gemacht, die am 4. August 2020 halb Beirut in Trümmer legte. Die Regierung ist mittlerweile zurückgetreten.
Philippe Adaime, Mitbegründer und Geschäfsführer unserer Partnerorganisation Fair Trade Lebanon, schreibt: "Ich habe die 15 Jahre des Bürgerkriegs im Libanon und die verschiedenen Kriege, die darauf folgten, miterlebt, doch noch nie ein Ereignis dieser Größenordnung! Meine Generation wird alles gesehen haben: Kriege, Epidemien, politische Attentate, Autobombenanschläge, Geiselnahmen, Währungsabwertungen und den Betrug des Jahrhunderts durch unsere Regierung, die in den letzten 20 Jahren 160 Milliarden Dollar gestohlen hat.(...) Aber eine Explosion mit etwa 2.700 Tonnen Sprengstoff, die die Hauptstadt und die umliegenden Gebiete in Sekundenschnelle in die Luft jagt, ist etwas nie Dagewesenes."
300.000 Menschen, ein Drittel von Beirut, wurden innerhalb von Sekunden obdachlos. "Mehr als 10.000 Geschäfte wurden durch die Explosion in die Luft gejagt, Einkaufszentren, traditionelle Viertel, alte Souks, traditionelle Häuser in Beirut dem Erdboden gleichgemacht."
Die Explosion am Hafen der Hauptstadt erzeugte seismische Wellen, die einem Erdbeben der Stärke 3,5 glichen. Druckwellen gingen durch die Stadt und verursachten Schäden, die in die Milliarden gehen.
"Dies ist ein Aufruf zu internationaler Hilfe, nicht nur, um das libanesische Volk zu unterstützen, sondern auch, um es von diesem korrupten Regime zu befreien, das es bis auf den letzten Pfennig und, schlimmer noch, bis zum letzten Atemzug ausgeblutet hat," so Adaime. Er ruft zur Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen auf. "Heute braucht der Libanon alles: Lebensmittel, Medikamente, Sozialhilfe und Wiederaufbauhilfe."
Fair Trade Lebanon stellt alle seine Teams in den Dienst dieser monumentalen Katastrophe, der Beseitigung der Schäden und den Wiederaufbaubemühungen. Die Organisation ist Teil eines Netzwerks lokaler libanesischer NGOs. "Dieses Kollektiv hat Erfahrung in den Bereichen Wiederaufbau, Ernährung, Bildung und Gesundheit – genau jene Bereiche, die jetzt gefordert sind," betont Adaime und verweist auf die langjährige Erfahrung der Beteiligten in der verantwortungsvollen Verwaltung öffentlicher Mittel.
Fair Trade Lebanon ruft seine PartnerInnen und KundInnen zu finanzieller Mithilfe auf. Folgende Aktivitäten sind in einem ersten Schritt von der Organisation geplant:
Einheiten zur Lebensmittelproduktion sollen eingerichtet und finanziert werden, um Nahrungsmittelkörbe für Katastrophenopfer herzustellen. Dabei wird auch mit Genossenschaften in der Region zusammengearbeitet. Bestehende Arbeitsplätze und die einzige Einkommensquelle hunderter Familien sollen damit erhalten bleiben. Gleichzeitig sollen Arbeitsplätze für arbeitslose Jugendliche geschaffen werden.
Wir bitten im Namen von FAIR TRADE LEBANON um Ihre Unterstützung.
Einzahlungen können auf folgendes Konto getätigt werden:
Verein Aktion Dritte Welt, Raika Elixhausen, IBAN AT03 3500 7000 1808 8880
Zahlungsvermerk: LIBANON
Die Beiträge werden bis auf weiteres gesammelt und an Fair Trade Lebanon weitergeleitet.
UPDATE, Oktober 2020
Die EZA will sich für die geleistete Unterstützung herzlichst bedanken! Wir waren von dieser Welle der Solidarität und Spendenbereitschaft inmitten der Covid-19 Krise überwältigt! Den Leuten von FT Lebanon erging es ebenso, wie aus der Reaktion von Phillipe Adaime ersichtlich wird – siehe kurzes Update vom 25. Sept. (unten).
Viele haben dazu beigetragen innerhalb kürzester Zeit fast € 18.500,- an Unterstützungsgeldern zu sammeln (Stand 1. Okt. 2020). € 13.700,- wurden noch im September an FT Lebanon überwiesen. Der Spendenaufruf bleibt weiterhin aktiv. Nach Rücksprache mit unseren PartnerInnen im Libanon warten wir mit der Überweisung der zweiten Tranche noch zu…
Ebenfalls in Rücksprach mit FT Lebanon wurde vereinbart, dass das gesammelte Geld in den Ankauf von Lebensmitteln primär von den Kooperativen und ProduzentInnen von FT Lebanon fließen soll, die dann an bedürftige Familien verteilt werden. Auf diese Weise unterstützen wir die ProduzentInnen von FT Lebanon und können bedürftigen Familien in Beirut hochwertige und lokal hergestellte Lebensmittel zukommen lassen. So wirkt die geleistete Unterstützung doppelt!
Viele Weltläden starteten einen Schwerpunkt mit roten Linsen. Dadurch konnte der Verkauf der Linsen in den Vergleichsmonaten verdoppelt werden und eine Bestellung für Linsen konnte vorgezogen werden.
Abschließend eine wichtige Information zu der Frage, ob es in der aktuellen Situation verantwortlich ist, Linsen aus dem Libanon zu beziehen, hier die Antwort von Phillipe: „Was die Linsen betrifft, so sind eure Einkäufe für viele ProduzentInnen hier unverzichtbar. Wir haben im Libanon vor allem eine Weizenknappheit und erhalten internationale Hilfe (Mehl und Fleischprodukte...). Aber für uns ist es sehr wichtig, die Produktion für die ProduzentInnen unseres Netzwerkes aufrecht zu erhalten.“
Bei Nachfragen zur Aktion: birgit.calix@eza.cc
Weitere Informationen:
- Kurzes Update von Philippe Adaime vom 25.9.2020 (pdf in Deutsch)
- Kurzes Update von Philippe Adaime vom 25.9.2020 (pdf in Englisch)
- Solidaritätsaufruf von Fair Trade Lebanon (pdf in Englisch)
- persönliche Schilderung von Philippe Adaime (pdf in Englisch)
- Rote Linsen von Fair Trade Lebanon bei uns im Online-Shop
- Fair Trade Lebanon (Partnerbeschreibung)