Partnerbeschreibung
Bethlehem Fair Trade Artisans
Produkte aus Recyclingglas, Olivenholz, ... aus Palästina
Die Region des heutigen Palästinas war ursprünglich Teil des osmanischen Reiches. Nach dem ersten Weltkrieg stand das Gebiet unter britischem Mandat. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde dieses Mandat den Vereinten Nationen übergeben und der Staat Israel gegründet. Bei der Gründung des Staats Israel im Jahr 1948 wurden JüdInnen und AraberInnen die gleichen Rechte zuerkannt, doch die Realität sieht anders aus. Der UN-Teilungsplan wurde von der arabischen Allianz nicht akzeptiert. Es folgte der Nahostkonflikt. Dieser prägt die Region Palästina seit mehr als einem Jahrhundert und führte bis heute zu sechs kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israelis und PalästinenserInnen. Frieden ist nach unzähligen Verhandlungen immer noch nicht in Sicht. Der Staat Palästina wurde 1988 von der palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ausgerufen und mittlerweile von 137 Staaten anerkannt. Es werden die von Israel besetzten Gebiete Westjordanland und Gazastreifen mit der Hauptstadt Ostjerusalem beansprucht. Seit 2012 hat Palästina Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen.
Mit der Gründung des Staates Palästina endeten jedoch nicht die Probleme in der Region. Während der ersten Intifada (= palästinensischer Aufstand gegen Israel) in den frühen 1990er Jahren durften die Menschen zum Teil ihre Häuser und Städte bzw. Dörfer nicht verlassen. Diese israelischen Abriegelungsmaßnahmen machten den alltäglichen Gang zur Arbeitsstelle unmöglich. Die Situation trieb die Arbeitslosigkeit und Armut der ländlichen Bevölkerung weiter in die Höhe.
HandwerkerInnen in Palästina sehen sich gleich drei großen Herausforderungen gegenüber: der wirtschaftlichen Rezession und politisch angespannten Situation im eigenen Land, der fallenden Nachfrage nach traditionellem Handwerk auf dem lokalen Markt (durch den Rückgang im Tourismus) und der starken Konkurrenz aus dem Ausland (durch vor allem asiatische Billigprodukte). Die Herstellung von Handwerk gilt als Teil der wirtschaftlichen, kulturellen und historischen Tradition Bethlehems. Diese unter den aktuell schwierigen Bedingungen zu fördern und zu erhalten ist das Anliegen von BFTA.
EZA-Partner seit 2016
Partnercode 70
„Unser Ziel war die Gründung einer Dachorganisation für HandwerkerInnen, um über die Vermarktung der Produkte auf internationalen Märkten Einkommen für benachteiligte ProduzentInnen zu schaffen. Wir sind stolz darauf, dass wir in sehr kurzer Zeit viele HandwerkerInnen unterstützen konnten. Wir wissen, dass viele der HandwerkerInnen von unserer Arbeit abhängig sind. Ddeshalb ist unser Fortschritt eine Herzensangelegenheit.“
Quelle: Bethlehem Fair Trade Artisans
Bethlehem Fair Trade Artisans (BFTA)
BFTA wurde 2009 von engagierten Leuten aus Betlehem gegründet, um den unter Druck geratenen Handwerks-ProduzentInnen neue Alternativen zu erschließen. Die Organisation wurde als nicht Gewinn orientierte NGO gegründet und ist nach eigenen Angaben auf externe Finanzierung zur Abdeckung aller Kosten angewiesen. So gibt es neben der Verkaufsabteilung, Qualitätskontrolle und Geschäftsführung ein eigenes Fundraising-Komitee. Das Team von BFTA besteht aus 5 Personen (darunter 3 Frauen). Wichtige Anliegen sind:
- die Vermarktung von Handwerksprodukten (lokal und über den Export),
- die technische und finanzielle Unterstützung und
- das Empowerment der ProduzentInnen;
- und zuletzt massiv verstärkt die Vermittlung der Fair-Handels-Prinzipien (gegenüber den ProduzentInnen und darüber hinaus).
Als zentrale Fair-Handels-Prinzipien werden die Zahlung fairer Preise an die ProduzentInnen, Transparenz und Ehrlichkeit im Umgang mit ProduzentInnen und KundInnen sowie das Thema Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz in den Werkstätten gesehen. BFTA bezeichnet sich als Fair-Handels-Netzwerk und vor allem „Fair Trade support organization“ in den Bereichen Vermarktung und Schulungen / technische Beratung. Die Organisation ist seit 2015 garantiertes Mitglied bei der WFTO (World Fair Trade Organisation, www.wfto.com).
Die ProduzentInnen
BFTA arbeitet mit rund 70 ProduzentInnen zusammen. Die Mitgliedschaft bei BFTA ist bewusst offen gehalten und kostenfrei – marginalisierte Handwerks-ProduzentInnen aus der Region Betlehem und der Westbank, individuelle ProduzentInnen, kleine, traditionelle Werkstätten, Frauengruppen, Flüchtlingsgruppen und Einrichtungen für beeinträchtigte Personen können die Dienstleistungen von BFTA für sich in Anspruch nehmen. Die meisten ProduzentInnen sind Schnitzwerkstätten aus und um Betlehem, die sich der Verarbeitung von Olivenholz widmen.
Das Olivenholz stammt aus den Olivenanbaugebieten rund um Nablus, Jenin und Betlehem, wobei vor allem Holz aus der Durchforstung / Erneuerung der Olivengärten verwendet wird. Auch die übrigen Rohstoffe werden lokal bezogen, da es sehr schwierig ist, diese Rohstoffe von außerhalb der Westbank zu beziehen. Einzige Ausnahme ist der Ton zur Herstellung der Keramik. Für die Schnitzwerkstätten bedeuten die Aufträge von BFTA einen wichtigen Beitrag zur Auslastung ihrer Werkstätten, während die Frauen aus den unterschiedlichen Gruppen mit der Herstellung von Handwerk meist einen wesentlichen Zuverdienst erwirtschaften, der zwischen 60 – 80% des Familieneinkommens betragen kann. Viele der Familien sind von Arbeitslosigkeit betroffen, und viele Männer finden nur sporadisch Arbeit. Für die Zentren zur Beschäftigung und Betreuung beeinträchtigter Personen bedeuten die Verkäufe über BFTA Einnahmen zur Finanzierung ihrer Aktivitäten (zusätzlich zu Förderungen aus privater oder öffentlicher Hand).
Die Produkte von Bethlehem Fair Trade Artisans sind über EZA und WELTLÄDEN erhältlich.
Weitere Informationen:
www.bethlehemfairtrade.org
Quellen: WFTO Profile 2/2014, PKU 1/2016, BFTA; (EZA, Mär. 2016)
Vorteile aus dem Fairen Handel
Die ProduzentInnen von BFTA genießen folgende Vorteile:
- Technische und finanzielle Unterstützung – teilweise über externe Gelder finanziert (z.B. Beschaffung von Materialien, Schulungen zu Preiskalkulationen, Design- und Produktentwicklung, Fair-Handels-Kriterien, Qualitäts- und Produktionsstandards, Sprach- und Computerkurse, etc.)
- Unterstützung bei der Vermarktung
- Zugang zu Kleinkrediten
- Vorauszahlungen (bei Bedarf)
- Zahlung in bar bei Übergabe der Ware bzw. 50% bei Übergabe und 50% nach Eingang der Restzahlungen (je nach Situation der ProduzentInnen) bzw. nach Wunsch der ProduzentInnen auch monatlich.
Die Angestellten von BFTA erhalten alle gesetzlichen Leistungen plus:
- 20 Tage zusätzlichen Mutterschaftsurlaub
- überdurchschnittliche Bezahlung
- regelmäßige Schulungen
- zusätzliche Krankenversicherung der Angestellten (besser als die gesetzlich vorgeschriebene)
- gute Arbeitsbedingungen und Arbeitsatmosphäre
- In Diskussion: Einführung eines Vaterschaftsurlaubs (Vorreiterrolle von BFTA!)