Partnerbeschreibung

Conserve
Recyclingtaschen aus Indien
In Indien leben rund 1,3 Milliarden Menschen (Stand 2015). Damit ist Indien nach China das zweitbevölkerungsreichste Land der Erde. Knapp ein Viertel der Menschen leben von umgerechnet weniger als $ 1,25 US-Dollar pro Tag. Armut bleibt trotz positiver Wirtschaftsnachrichten Indiens eine der größten Herausforderungen des Landes. Die Kosten der Modernisierung und Industrialisierung waren hoch und gingen vor allem zu Lasten der ärmeren Bevölkerungsteile. Die Kleinbauern und Bäuerinnen Indiens können den landwirtschaftlichen Großbetrieben mit ihrem hohen Technologieeinsatz nur wenig entgegenhalten und werden immer mehr an den Rand gedrängt. Manche von ihnen geben ihr Land aufgrund dieser Entwicklungen auf und ziehen in die Städte, wo sie das Heer der Armen tagtäglich anwachsen lassen. In Delhi leben knapp 19 Millionen Menschen. Die Stadt wächst jährlich um 400.000 EinwohnerInnen. Rund ein Drittel davon lebt in Slums und habt keinen Zugang zu Wasser. Besonders problematisch sind die Beschäftigungsverhältnisse einzustufen, denn nur etwa 8% aller Beschäftigten stehen in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Der Großteil arbeitet im sogenannten "informellen Sektor" und ist weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben diese Menschen Anspruch auf Altersversorgung oder andere soziale Leistungen. Zu dieser Gruppe gehören vor allem Menschen der unteren Kasten. Religiöse und ethische Pflichten der Kaste müssen befolgt werden, um nicht den sozialen Schutz durch die eigene Kaste zu verlieren und im nächsten Leben nicht in einer niedereren Kaste wiedergeboren zu werden. Die bedingungslose Befolgung hingegen erhöht die Chancen auf eine vorteilhaftere Wiedergeburt. Noch immer gilt die jahrtausendalte Tradition. Nur langsam lösen sich die traditionellen Verhaltensvorschriften auf.
MüllsammlerInnen gehören oft zu den Kastenlosen und sind offiziell nicht anerkannt. Doch ohne die tausenden MüllsammlerInnen wäre Neu-Dehli den Müllmengen wohl noch weniger gewachsen. Die Stadt produziert 8.000 Tonnen Müll / Tag. Wegen der fehlenden Anerkennung der MüllsammlerInnen und fehlenden Reglementierung dieses Sektors sind der Ausbeutung und Willkür gegenüber diesen Menschen Tür und Tor geöffnet. Das gute Geschäft mit gesammeltem Müll beruht auf der Ausbeutung jener, die aufgrund fehlender Alternativen mit dem Sammeln von Müll ihren kargen Lebensunterhalt verdienen.
EZA-Partner seit 2009
Partnercode 12
„Unser Konzept basiert auf der Tatsache, dass Probleme und Lösungen immer koexistieren. Müll - insbesondere Plastikmüll - ist ein weltweites Problem, wie auch Armut und Umweltverschmutzung. Unser Rohstoff ist allgegenwärtig, frei verfügbar und aus diesem Grund ein wertvoller Rohstoff für die Produktion. Eine einfache technologische Erfindung - wie unser Prozess - kann sich die Fähigkeiten der sozial Benachteiligten zu Nütze machen, und damit gleichzeitig ihren Selbstwert und ihren persönlichen Erfolg fördern. Sobald wir sie auf diesen Weg gebracht haben, sind sie selbst in der Lage sich aus der Armut zu befreien.“
Quelle: Conserve
Conserve
Conserve wurde 1998 als NGO mit Sitz in Neu Delhi gegründet. Anfangs entwickelte Conserve mehrere Projekte in den Bereichen Energieeffizienz, Müllvermeidung und Recycling. Daraus entstand in der Folge ein Hilfsprojekt für SlumbewohnerInnen mit dem Ziel durch das Sammeln und Wiederverwerten von Plastikabfällen nachhaltige Einkommensmöglichkeiten für die „Ärmsten der Armen“ zu schaffen. Der Durchbruch dieses Programms gelang 2002 mit der Entwicklung eines speziellen und umweltschonenden Verfahrens für das Recycling von Plastikabfällen. Bei diesem alternativen Recyclingprozess werden gesammelte Plastiksäcke gereinigt, getrocknet, farblich sortiert, gepresst und zu attraktiven Produkten verarbeitet (z.B. Taschen). Damit wurden bis heute vor allem für SlumbewohnerInnen direkt bzw. indirekt Arbeitsplätze geschaffen. Nach dem kommerziellen Erfolg des „Handmade Recycling Plastic / HRP“ - Rohstoffs und den daraus gefertigten Produkten versuchte Conserve, die sich als NGO vor allem der Umsetzung und Weiterentwicklung des Programms und seiner sozialen Anliegen bzw. der Produktion gewidmet hatte, durch die Gründung eines Vermarktungsunternehmens mit dem Namen Conserve HRP, die Vermarktung der Produkte anzukurbeln. Heute gliedert sich Conserve in zwei Bereiche – eine NGO, zuständige für die soziale und produktionstechnische Komponente, und die Vermarktungsorganisation Conserve HRP. Seither tragen die Erlöse aus dem Unternehmen einen großen Teil der sozialen Aktivitäten und Programme von Conserve (NGO).
Die ProduzentInnen
Hauptzielgruppe Conserves sind die Menschen in den Slums von Delhi. Die MüllsammlerInnen gehören meist zu den Kastenlosen. Das Kastenwesen – obwohl offiziell abgeschafft – spielt in der indischen Gesellschaft immer noch eine wichtige Rolle. Die Kastenlosen haben kaum die Möglichkeit, sich gegen die mächtigeren ZwischenhändlerInnen zu wehren bzw. andere Arbeiten anzunehmen. Sie bilden die Hauptzielgruppe Conserves. Die MüllsammlerInnen, mit denen Conserve arbeitet, sind alle über 18. Für die Kinder der MüllsammlerInnen unterstützt Conserve Schulen in den Slums, um ihnen den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Neben der Einkommenserzielung bietet Conserve den SammlerInnen breite Unterstützung. Dazu zählen neben der Aufklärungsarbeit über Gefahren und Hygienemaßnahmen bei der Müllsammlung auch Englischkurse und Stipendien bzw. Schulmaterialien für die Kinder. Besonderes Augenmerk legt Conserve auf die Förderung von Frauen. Ziel ist es möglichst viele Frauen zu beschäftigen. Frauen werden speziell geschult, um Verantwortung bzw. anspruchsvollere Tätigkeiten zu übernehmen. So werden alle Produktionsstätten Conserves von Frauen geleitet. Aktuell sind ca. 30 Menschen direkt bei Conserve in der Verwaltung, Produktentwicklung und Produktion (Waschen, Sortierung und Herstellung der Plastikbahnen) angestellt. Rund 100 Menschen sind mit dem Sammeln der Plastiktaschen beschäftigt. Eine SammlerIn kann bei einer täglichen Sammelmenge von 10 bis 15 kg zwischen 3,- und 4,- Euro / Tag verdienen, rund 70,- Euro im Monat. Im Vergleich dazu liegt der offizielle Mindestlohn bei 2,5 Euro / Tag. Inoffizielle AnkäuferInnen zahlen nur 0,66 Euro / Tag. Einige von ihnen sind in diesem Arbeitsbereich fest angestellt und überwachen die Sammlung, Anlieferung, Reinigung und Sortierung der Plastiktaschen. Im Produktionszentrum in Patparganj / Neu Delhi erfolgt die Presse der Plastikbahnen zum so genannten „Handmade Recycled Plastic“. Dafür wurde eine eigene Maschine entwickelt, die mit relativ geringem Energieaufwand 60 farblich sortierte Plastiklagen zu einer HRP-Folie verschweißt, die dann in dezentralen Nähwerkstätten zu Taschen und anderen Produkten vernäht wird. Conserve arbeitet in diesem Bereich mit mehreren Werkstätten von vor allem MigrantInnen in Neu Delhi zusammen.
Die Recyclingtaschen von Conserve sind über EZA und WELTLÄDEN erhältlich.
Weitere Informationen:
www.conserveindia.org
Quellen: EIF 11/2014, GEPA - The Fair Trade Company, EZA-Reisebericht von A. Schlehuber Mai09; (EZA, akt. Apr. 2016)
Vorteile aus dem Fairen Handel
Über die Vermarktung der Produkte durch den Fairen Handel unterstützt dieser die vielfältigen Sozialprogramme und Maßnahmen zur Förderung der MüllsammlerInnen und ProduzentInnen von Conserve. Die Angestellten und ProduzentInnen profitieren neben einem angenehmen Arbeitsklima durch:
- Weiterbildungen (z.B. PC-Kenntnisse),
- entsprechende Entlohnung und
- eine jährliche kostenlose Gesundenuntersuchung.
Die MüllsammlerInnen erhalten durch die Zusammenarbeit mit Conserve:
- bessere Entlohnung,
- Schulungen und
- Unterstützung bei der Schulbildung ihrer Kinder.
Darüber hinaus wird das Kleinstunternehmertum marginalisierter Personen entlang der gesamten Produktionskette von den MüllsammlerInnen bis hin zu den NäherInnen initiiert und gefördert. Die NäherInnen profitieren:
- durch kontinuierliche Aufträge bei entsprechender Entlohnung,
- die Unterstützung bei Aufbau,
- Legalisierung und Ausstattung ihrer Werkstätten,
- technische bzw. legale Beratung.
Zudem unterhält Conserve Krankenstationen und Schulen und bietet Aus- bzw. Weiterbildungsmöglichkeiten in den Slums von Dehli.