Partnerbeschreibung

Mi Fruta
Rosinen aus Chile
Als Gegenpol zum sozialistischen Konzept von Salvador Allende wurde die chilenische Volkswirtschaft unter der Diktatur Augusto Pinochets konsequent nach marktwirtschaftlichen und wirtschaftsliberalen Aspekten umgebaut. Staatliche Unternehmen wurden größtenteils privatisiert, allerdings sind die von Allende verstaatlichten Kupferminen, die unter Pinochet unter direkter Kontrolle des Militärs standen, immer noch im Staatsbesitz. Auch wenn die nach Pinochet regierenden Mitte-Links-Regierungen bemüht waren, soziale Härten abzufedern, gilt Chile heute nach wie vor als eines der Länder mit den größten sozialen Ungleichheiten. Nachdem die von Pinochet initiierte Wirtschaftspolitik auch im lateinamerikanischen Vergleich zu miserablen Ergebnissen führte, weist die chilenische Volkswirtschaft etwa seit Mitte der 1980er Jahre - mit Unterbrechungen durch die Asien- und Brasilienkrise, sowie die Corona-Pandemie - überdurchschnittliche Wachstumsraten auf. Seit 2002/03 liegen diese bei jährlich um die 6%. Aus diesem Grund wird Chile von den VerfechterInnen des Neoliberalismus als Vorbild mit Modellcharakter dargestellt. Chile gilt als Beweis dafür, dass die kapitalistischen Rezepte geeignet sind, den Fortschritt der Völker und Nationen zu sichern. Genauere Analysen und die aktuellen Entwicklungen zeigen freilich, dass dieses neoliberale Paradies massive Schattenseiten aufweist. So liegt die Arbeitslosenrate im Jahr 2021 bei rund 6% bei Erwachsenen und über 18% bei Jugendlichen. Die Armutsrate liegt bei über 12% der Bevölkerung. UN-Menschenrechtsexperte Philip Alston warnte bereits 2015, dass die anhaltende Ungleichheit "eine hochsegregierte Gesellschaft, in der getrennte Wohngebiete, getrennte Schulen und getrennte Arbeitsmärkte dazu beitragen, Privilegien zu verankern und die Mobilität zu ersticken" hervorbringt. Die ungleiche Verteilung von Ressourcen ist laut Alston unvereinbar mit der Achtung der Menschenrechte. "Die Antwort des chilenischen Staates auf die weithin anerkannten Probleme der Ausgrenzung, der Marginalisierung und der Diskriminierung war stückweise und halbherzig". Obwohl es Programme wie "Chile Solidario" zur Bekämpfung von Armut gibt, kommt nicht genug Unterstützung am unteren Ende der Gesellschaft an.
EZA-Partner seit 2010
„Die einzige Chance für chilenische KleinproduzentInnen, die reine Subsistenzlandwirtschaft und die totale Abhängigkeit von den ZwischenhändlerInnen hinter sich zu lassen, liegt in der Zusammenarbeit. Das ist auch die größte Leistung Mi Frutas. Es ist ein Beispiel dafür, wie KleinproduzentInnen mit einem hohen Grad an Misstrauen, das auf den vielen schlechten Erfahrungen der Vergangenheit basiert, sich zusammengetan haben, gemeinsam arbeiten und ein nachhaltiges Unternehmen gegründet haben, das mittelfristig die Lebenssituation der Produzentenfamilien und der Saisonarbeitskräfte verbessern wird.“
Quelle: Zenen Santana, Traidcraft
Mi Fruta S. A.
... wurde Ende 2008 als geschlossene Aktiengesellschaft (AG) mit Sitz in San Estéban in der Provinz Los Ándes (Region Valparaiso), ca. 50 km nördlich von Santiago de Chile, gegründet. Als Gesellschafter übernehmen die ProduzentInnen die Verwaltung, wählen den Vorstand und sind an erzielten Gewinnen gleichberechtigt beteiligt. Ausschlaggebend für die Gründung war der Wunsch, die eigene Produktion unter den Bedingungen des Fairen Handels zu verkaufen. Hauptanliegen der Gruppe ist die Direktvermarktung, die Erzielung besserer Preise und Einkommen für die Mitglieder, die im chilenischen Kontext zu den benachteiligten KleinproduzentInnen zählen. Sie werden von der intensiven, exportorientierten Landwirtschaft immer mehr an den Rand gedrängt. Ihr Land haben die meisten Mitglieder im Zuge der Agrarreform unter der Regierung Salvador Allendes erhalten. Einige wenige Mitglieder pachten das Land, auf dem sie produzieren. Ziel der Landreform war es, das Land jenen zuzuteilen, die darauf arbeiteten. Die Mitglieder von Mi Fruta konnten ihren Landbesitz bis heute halten, stehen aber in starker Konkurrenz zu den großen landwirtschaftlichen Betrieben. Vor allem die jungen Menschen der Region siedeln ab, andere arbeiten als TagelöhnerInnen für die großen Unternehmen.
Mi Fruta ist seit Mitte 2009 Fairtrade-zertifiziert und im Besitz einer Exportlizenz. Die Organisation wickelt den Export der Rosinen selbständig und in direkter Kooperation mit Fair-Handels-Unternehmen ab. Neben der Produktion und Vermarktung der Früchte beteiligt sich Mi Fruta an verschiedenen staatlichen Initiativen zur Förderung und Entwicklung der Landwirtschaft. Weiters legt die Organisation Wert auf die Verringerung ihres CO2-Fußabrucks und hat deshalb die Bewässerung der Pflanzen auf Tröpfchenbewässerung umgestellt und verwendet teilweise Solarenergie.
Die ProduzentInnen
Die 26 Mitglieder Mi Frutas besitzen insgesamt rund 180 Hektar Land. In der Regel bebaut davon jedes Mitglied jedoch nur rund fünf Hektar Land und zählt damit zu den KleinproduzentInnen Chiles, die unter der neoliberalen Ausrichtung der Agrarpolitik (Förderung der exportorientierten Großbetriebe – meist riesige Plantagen in Monokultur) immer mehr unter Bedrängnis geraten. Unterstützt werden die Mitglieder von rund 150 Saisonarbeitskräften - darunter ca. zwei Drittel Frauen.
Andere landwirtschaftliche Produkte für den Eigenbedarf werden selten angebaut, da die Produktion der Trauben rentabler ist. Angebaut werden Trauben der Sorten Flame und Thomson (kernlos), Superior, u.a.m. Die Trocknung der Trauben erfolgt an der Sonne. Nach 12 – 15 Tagen sind die Rosinen fertig für die weitere Verarbeitung (Reinigung, Selektion, Verpackung). Die ProduzentInnen und ihre Familien sind durch die Verkäufe an den Fairen Handel in einer wirtschaftlich besseren Situation. Für sie hat ihre kleine Landwirtschaft wieder Zukunft.
Die Rosinen von Mi Fruta sind als Schoko-Rosinen und pur über EZA und WELTLÄDEN erhältlich.
Weitere Informationen:
Quellen: GEPA Partner Profil 2021, EIF 12/16, Selbstdarstellung Mi Fruta, Info von Z. Santana / Traidcraft, April 2010; (EZA, akt. Dez. 2021)
Vorteile aus dem Fairen Handel
Über den Fairen Handel haben die Mitglieder Mi Frutas direkten Zugang zum Exportmarkt bekommen und 2009 erstmalig eigenständig unter den Bedingungen des Fairen Handels exportiert. Damit unterstützt der Faire Handel die ProduzentInnen und ihre Organisation in folgenden Bereichen:
- Selbstverwaltung und Organisation der ProduzentInnen
- eigenständige Vermarktung
- Beratung in der Produktion (z.B. Anbaumethoden)
- gemeinschaftliche Verarbeitung zu Trockenfrüchten (Rosinen)
- Unterstützung in technischer Hinsicht bzw. bei der Vermarktung
- Beteiligung an den Gewinnen aus der Vermarktung
- Zahlung bei Übernahme der Ernte
- bessere Preise durch den garantierten Mindestpreise und Prämienzahlungen gemäß FAIRTRADE-Schema;
Mit den Prämiengeldern des Fairen Handels konnte Mi Fruta u. a. ein 6000 m² großes Grundstück erwerben. Darüber hinaus wurden damit Sozialleistungen für die SaisonarbeiterInnen finanziert (z.B. Lebensmittelpakete und eine Nachbarschaftsküche während der Covid-Pandemie). Außerdem werden mit den Prämiengeldern kommunale Institutionen wie z.B. Kindergärten, Grundschulen und Sportvereine unterstützt.