Partnerbeschreibung
Noah’s Ark
Modeschmuck, Metall- und Dekoprodukte aus Indien
In Indien leben mehr als 1,4 Milliarden Menschen (Stand 2021). Knapp 6% davon leben von weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag und mehr als 134 Millionen Menschen von weniger als 2 US-Dollar pro Tag. Armut bleibt trotz positiver Wirtschaftsnachrichten Indiens eine große Herausforderung für das Land. Besonders problematisch sind die Beschäftigungsverhältnisse einzustufen, denn nur etwa 10% aller Beschäftigten sind in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Der Großteil arbeitet im sogenannten "informellen Sektor" und ist weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben diese Menschen Anspruch auf Altersversorgung oder andere soziale Leistungen. Zu dieser Gruppe gehören auch die meisten HandwerkerInnen.
Die Stadt Moradabad im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh ist für ihr traditionelles, Metall verarbeitendes Gewerbe bekannt. Heute gibt es einige Metall verarbeitende Industrien, die für den Exportmarkt produzieren, doch der Großteil der Produkte wird nach wie vor in Handarbeit hergestellt. Moradabad wird als „City of Brass“ (Stadt aus Messing) bezeichnet. In und um Moradabad leben rund 75% der Menschen von der Metallverarbeitung. Knapp zwei Drittel der Exporteinnahmen der Region werden mit Handwerksprodukten erzielt. Die wichtigsten Produkte sind Kunst- und Dekoartikel aus Metall und Hornschmuck. Die Regierung von Uttar Pradesh unterstützt den Handwerkssektor mit einem eigenen Trainingsprogramm für HandwerkerInnen und einem Pensionsfonds für besonders herausragende ProduzentInnen. Obwohl Uttar Pradesh der Bundesstaat mit der zweitgrößten Volkswirtschaft Indiens ist, zählt rund ein Drittel der Bevölkerung zu den Armen. Uttar Pradesh hat eines der niedrigsten Prokopf-Einkommen Indiens und zählt zu einem der ärmsten Bundesstaaten des Subkontinents. In den 1980er Jahren waren HandwerkerInnen für den Verkauf ihrer Produkte auf ZwischenhändlerInnen und Exporteure angewiesen. Diese leisteten keinerlei Unterstützung in der Produktion bzw. Produktentwicklung. Produkte, die gefielen, wurden nach Zahlung einer Kommission übernommen. Die gebotenen Preise reichten kaum zum Leben. Samuel Masih war die Abhängigkeit und Ausbeutung talentierter HandwerkerInnen ein Dorn im Auge. Er begann sich 1986 für sie und die Vermarktung ihrer Produkte zu engagieren...
EZA-Partner seit 2013
Partnercode 61
„Durch unser Engagement für den Fairen Handel befähigen wir einkommensschwache KunsthandwerkerInnen, den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen und ihr traditionelles Handwerk zu erhalten. Noah's Ark geht über die Grundprinzipien des Fairen Handels hinaus und bietet rund 350 KunsthandwerkerInnen Gesundheits-, Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Wir verbessern ihre Arbeitsbedingungen, indem wir ihnen beim Aufbau ihrer Werkstätten helfen und sie bei der Beschaffung von Aufträgen unterstützen.“
Quelle: WFTO Self Assessment Report, 2021
Noah‘s Ark
Vor diesem Hintergrund gründete Samuel Masih 1986 eine sozial ausgerichtete Vermarktungsorganisation. 2002 erfolgte die Teilung in Noah’s Ark International Exports und Noah’s Ark Handicraft & Artisan Welfare Society (eine NGO). Noah’s Ark ist der kommerzielle Arm, der die Bereiche Produktion, Produktentwicklung, technische Beratung, Vermarktung und Export umfasst. Die NGO leistet Unterstützung in Form von Bildungs- und Bewusstseinsprogrammen, Kampagnen und soziale Projekte wie:
- eine Stickausbildung für junge Frauen mit dem Ziel der Einkommensförderung;
- Gesundheitschecks für Angestellte, ProduzentInnen und deren Kinder inkl. zahnärztlicher Behandlungen;
- Errichten von sanitären Einrichtungen und ein Trinkwasserprojekt: Ziel ist die Ausstattung aller Werkstätten mit eigenen Wasserfiltern;
- drei eigene Schulen für ca. 250 Kinder aus besonders benachteiligten Familien;
Sämtliche Aktivitäten der Welfare Society finanzieren sich aus dem Verkauf der Produkte durch Noah’s Ark. In den 1990er Jahren kam Samuel Masih erstmals in Kontakt mit Organisationen des Fairen Handels und trat 2003 der heutigen World Fair Trade Organization (www.wfto.com) bei. Die Aufträge des Fairen Handels förderten die weitere Entwicklung der Organisation. Heute ist Noah’s Ark ein Produktionsbetrieb mit eigenen Werkstätten UND ein Vermarktungsunternehmen, das mit externen ProduzentInnen kooperiert (siehe unten). Insgesamt beschäftigt Noah’s Ark rund 40 Menschen in den Bereichen Produktion, Verwaltung, Qualitätssicherung, Vermarktung und zur Unterstützung der ProduzentInnen.
Die ProduzentInnen
Die meisten ProduzentInnen von Noah’s Ark sind in und um Moradabad angesiedelt. Es gibt auch einige ProduzentInnen in anderen indischen Städten wie Jaipur, Delhi und Saharapur und deren Umkreis. Aktuell arbeitet Noah’s Ark mit 27 Produzentengruppen / Werkstätten zusammen, mit vielen von ihnen schon seit über 10 Jahren. Viele wurden von Anfang an durch Noah‘s Ark unterstützt. Bei den meisten ProduzentInnen handelt es sich um kleine Familienwerkstätten mit 2–10 angestellten HandwerkerInnen. Unter den ProduzentInnen finden sich Angehörige von Minderheiten, Frauen- wie Männergruppen, Basisgruppen (so genannte „grass-root artisans“), Selbsthilfegruppen wie Klein(st)unternehmen. Ihnen fehlt es am Marktzugang und (technischen) Know-how, oft auch an der notwendigen Ausstattung. Viele von ihnen verfügen nur über eine sehr geringe Schulbildung. Die stark muslimisch geprägte Gesellschaft lässt kaum gemischte Gruppen von Männern und Frauen zu. Insgesamt umfassen die Gruppen an die 250 Produzenten und 85 Produzentinnen, wobei die Verteilung je nach Sektor und Art der Tätigkeit sehr unterschiedlich ist. So ist der Metall verarbeitende Sektor traditionell in Männerhand, während in der Schmuckherstellung und im Textilbereich vor allem Frauen arbeiten. Für die ProduzentInnen stellt das Einkommen aus der Handwerks-Produktion das Haupteinkommen dar. ProduzentInnen in den Dörfern haben Zugang zu eigenem Land. Sie bauen in der Regel etwas Weizen, Reis und andere Nahrungsmittel für ihre Familien an.
Die Produkte von Noah‘s Ark sind über EZA und WELTLÄDEN erhältlich.
Weitere Informationen:
www.noahsarkindia.com
Quellen: Noah’s Ark, SAR 02/2021, Peer Visit Report 05/2019, WFTO Organizational Profile 2018, Reisebericht JR 01/2018 und EM 02/2019, Weltbank, UN, The Voice; (EZA, akt. Nov. 2021)
Vorteile aus dem Fairen Handel
Die ProduzentInnen, die mit Noah‘s Ark kooperieren, erhalten über diese Zusammenarbeit und den Zugang zum Fairen Handel u. a. folgende Vorteile:
- Unterstützung bei der Vermarktung unter den Bedingungen des Fairen Handels
- Zahlung: Vorauszahlungen (zum Ankauf der Rohmaterialien) + Zwischenzahlung (zur Produktion) + Restzahlung (bei Anlieferung der Produkte);
- Faire Preise (Preiskalkulation und Festsetzung der Preise erfolgen durch die ProduzentInnen) auf Basis einer Entlohnung der HandwerkerInnen, die 10–15% über dem offiziellen Mindestlohn für Uttar Pradesh liegt;
- alle ProduzentInnen verfügen über Noah‘s Ark über eine Gesundheits- und Lebensversicherung und Altersvorsorge;
- Zugang zu Schulungen in den Bereichen Produktionstechnik, Produktentwicklung, Sicherheit am Arbeitsplatz, Umweltschutz, Fair-Handels-Kriterien;
- Zugang zu Kleinkrediten für Investitionen und notwendige Anschaffungen;
- Bonus anlässlich muslimischer oder hinduistischer Feiertage;
- div. Sozialprojekte (z. B. Schulen);
Weiters legt Noah’s Ark Wert auf den Schutz der Umwelt, verzichtet auf Plastik für die Verpackung und produziert einen Teil des Stromes für die Büros und eigenen Werkstätten über Solaranlagen. Es gibt eine Abwasseraufbereitungsanlage und ein Auffangsystem für Regenwasser.