PFTC
Ruth Salditos von den Philippinen zu Gast (Okt. 2008)
Im Oktober 2008 besuchte uns Ruth Salditos von der langjährigen EZA-Partnerorganisation Panay Fair Trade Center (PFTC) von den Philippinen. Es war dies bereits ihr zweiter Besuch in Folge. Während ihres Aufenthalts im Juni 2007 drehten sich die Gespräche vor allem um die allgemeine politische Situation auf den Philippinen, das Verschwinden zweier Personen aus dem engsten Umkreis PFTCs, die Geschichte und Entwicklungen der Organisation... Bei ihrem letzten Besuch ging es um den allgemeinen Informationsaustausch. Leider waren es nicht nur gute Nachrichten…
Noch immer keine Spur von Luisa und Nilo
Im April 2007 wurden Luisa Posa-Dominado, früheres PFTC-Vorstandsmitglied, und Nilo Arado, Vertreter einer regionalen Kleinbauernorganisation, in der u. a. die Mitglieder von PFTC vertreten sind, auf offener Straße überfallen und entführt. Für Ruth und das PFTC ist klar, dass das Militär die Verantwortung für diese Entführung trägt. Entführungen politisch Andersdenkender sind auf den Philippinen keine Seltenheit. Obwohl auf internationalen Druck hin ein Gesetz verabschiedet wurde, das die Militärs stärker zur Verantwortung zieht, gab es laut Ruth bis heute keine einzige Verurteilung eines Angehörigen des Militärs. Ruth deutet das als klares Zeichen dafür, dass die Regierung die TäterInnen deckt. Auf die Frage nach dem Schicksal der entführten MitstreiterInnen trübt sich Luisas meist freundliches Gesicht: „Zu 80% sind die beiden nicht mehr am Leben. Aber wir und vor allem ihre Familien geben trotzdem nicht auf. Auch wenn es für Luisa und Nilo zu spät sein sollte, wir wollen, dass diese Praktiken des Verschwinden-Lassens ein für allemal aufhören, und die TäterInnen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Die Folgen der Verwüstung
Im Juni 2008 wurden die Philippinen von einem heftigen Taifun heimgesucht, unter dem auch die Mitglieder PFTCs zu leiden hatten. Viele der Mitglieder und ProduzentInnen verloren neben ihren Häusern ihre Zuckerrohrpflanzungen. Die heftigen Regenfälle führten zu großräumigen Überschwemmungen und Vermurungen. Flüsse traten über die Ufer und bedeckten fruchtbares Ackerland mit Sand und Geröll. Die Zuckerrohrpflanzungen vieler ProduzentInnen wurden zerstört. Davon betroffen sind nicht nur die Familien selbst, auch das PFTC rechnet mit Einbußen für diese Zuckersaison, da die Ernten der Mitglieder in der Folge des Taifuns geringer ausfallen werden. Um in der Zukunft besser gewappnet zu sein, startete PFTC ein Programm zur Katastrophenvorsorge bzw. engagierte sich im Rahmen national koordinierter Nothilfeprogramme bei der Verteilung von Hilfsgütern und Wasser an die betroffenen Familien. Doch der Prävention wird besondere Bedeutung zugemessen, denn „das war sicherlich nicht der letzte Taifun, der unsere Region massiv betroffen hat. Das Klima spielt verrückt, und ich mache mir Sorgen um die Zukunft unserer Leute, die auch so mit einer Vielzahl an Problemen zu kämpfen haben“, so Ruth Salditos.
Die guten Nachrichten: Ein eigener Laden…
Allen Rückschlägen und Problemen zum Trotz gibt es auch über positive Entwicklungen zu berichten. So eröffnete im Oktober dieses Jahres auf Initiative der Fair Trade Foundation der erste Fair Trade Shop in Ilo Ilo / Panay. Der Laden wird von einer Frauenorganisation betrieben und verkauft ausschließlich Produkte anderer kleiner Produzentenorganisationen. Jede Gruppe, die ihre Produkte in dem Laden anbieten möchte, benötigt dafür eine Empfehlung eines anerkannten Mitglieds der WFTO (World Fair Trade Organization). Derzeit werden Produkte von 18 Produzentenorganisationen der Insel Panay verkauft, darunter viele Lebensmittel und etwas Handwerk wie z. B. Kunstblumen aus recyceltem Papier, die uns Ruth als Gastgeschenk mitbrachte. Damit will man in Zukunft das Konzept des Fairen Handels auch auf der Insel Panay und auf den Philippinen bekannt machen.
… und eine zusätzliche Mühle
Über einen Antrag der Fair Trade Foundation an die Bozener Landesregierung konnten zusätzliche Gelder aufgebracht werden, um das wichtige Projekt einer weiteren Zuckermühle zur Verarbeitung des Zuckerrohrs zu Mascobado-Zucker umzusetzen. Bereits heute arbeiten die bestehenden drei Mühlen des PFTCs bei voller Auslastung, doch die Nachfrage nach Mascoabado-Zucker kann nicht zur Gänze gedeckt werden und steigt weiter. Neue ZuckerproduzentInnen sollen durch die zusätzliche Mühle aufgenommen werden und Zugang zum Fairen Handel erhalten. PFTC ist bereits in Kontakt mit einer neuen Produzentenorganisation, der MASFAD (Mañacabac Small Farmers Association for Development). Diese Gruppe wird von KAMADA, einer erfahrenen Mitgliedsorganisation aus der Gründerzeit des PFTC, in die Zuckerrohrverarbeitung und Leitung der Mühle eingearbeitet. Noch 2009 soll die neue Mühle gebaut werden, um für die Zuckersaison 2009, die im November beginnt, für den Einsatz bereit zu sein. In ca. drei Jahren wird MASFAD die Leitung der Mühle selbst übernehmen und vollwertiges Mitglied von PFTC werden - inkl. einer Vertretung im Vorstand.
Neue Chancen durch die neue Mühle
Die Zuckermühlen sind das Herzstück der Zuckerverarbeitung von PFTC. Alle Mühlen werden von den Mitgliedsorganisationen verwaltet und betrieben. Die dort angestellten Personen sind großteils Mitglieder der Teilorganisationen, die neben den ProduzentInnen auch ArbeiterInnen umfassen. Durch die Verarbeitung des Zuckers in den eigenen Zuckermühlen erhalten die ProduzentInnen nicht nur bessere Preise für ihr Produkt; es werden auch attraktive Arbeitsplätze geschaffen. So zahlen die Mühlen mehr als das doppelte des aktuellen Tageslohnes! Doch sind mit der Mitgliedschaft bei PFTC auch andere Vorteile verbunden: zinsgünstige Kredite und Vorauszahlungen, der Zugang zum Fairen Handel, technische Unterstützung und Beratung vom Anbau über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung des Zuckers und Investitionen in die Verbesserung der Infrastruktur. Ebenso wichtig sind dem PFTC Themen wie die Vernetzung, Partizipation und solidarische Beziehungen untereinander und mit anderen Organisationen. Ruth sieht den Fairen Handel als ganzheitliches Konzept, das nach Innen und nach Außen umgesetzt werden sollte. Und der Faire Handel soll wachsen, im In- und Ausland. Die neue Mühle sieht sie als wichtigen Schritt in diese Richtung…