Sindyanna
Mikrokosmos der Solidarität
In Israel, einem Land, das seit Jahrzehnten im Zentrum des Nahost-Konflikts steht, stellt sich Sindyanna – eine von Frauen getragene jüdisch-arabischen Organisation – seit 25 Jahren auf die Seite der benachteiligten arabischen Minderheit.
„Shireen war, bevor sie angefangen hat, bei uns zu arbeiten, eine typisch arabische Hausfrau“, berichtet Hadas Lahav von Sindyanna. Shireen Awawda kommt aus Kana. Der Ort liegt in Galiläa, im Norden Israels. Die über 40-jährige Frau, Mutter dreier Töchter, arbeitet seit drei Jahren bei Sindyanna. Dort hilft sie mit, dass Produkte arabischer ProduzentInnen in den Verkauf kommen. Sie schildert selbst: „Seit ich verheiratet bin, verbrachte ich meine Tage zu Hause und erledigte Hausarbeiten. Ich habe kaum Leute außerhalb meiner Familie gesehen und fühlte mich ziemlich isoliert. Aber seit ich bei Sindyanna arbeite, hat sich vieles verändert. Meine Familie hat jetzt zwei Gehälter, und das macht einen enormen Unterschied in den Möglichkeiten, die wir dadurch haben. Und die Arbeit außer Haus hat dazu beigetragen, dass ich mich besser organisiere..."
"... Bei Sindyanna arbeite ich Seite an Seite mit arabischen und jüdischen Frauen. Im Besucherzentrum lerne ich Menschen aus der ganzen Welt kennen. Ich habe das Gefühl, dass sich mein Horizont erweitert hat. Der Erfolg Sindyannas ist auch unser Erfolg."
Die Organisation vermarktet Produkte benachteiligter arabisch palästinensischer ProduzentInnen, engagiert sich für Fairen Handel, ein friedliches Zusammenleben zwischen den jüdischen und arabischen BürgerInnen des Landes und nimmt dabei ganz besonders die Förderung arabischer Frauen in den Blick.
Shireens Geschichte ähnelt der vieler arabischer Frauen in Israel, die im arbeitsfähigen Alter sind und keinen Beruf haben. Der Schwerpunkt der Aktivitäten von Sindyanna liegt deshalb auf den über 200.000 ungelernten arabischen Frauen im Land, wie Shireen. „Wir weigern uns, sie als eine verlorene Generation zu betrachten,“ sagt Hadas Lahav. Bei Sindyanna werden den Frauen Kenntnisse vermittelt, die ihre Chancen auf dem israelischen Arbeitsmarkt erhöhen. Dazu zählt etwa der Umgang mit dem Computer oder das Erlernen von Hebräisch und Englisch. „Alle Einnahmen Sindyannas fließen in die Schaffung von Arbeitsplätzen für arabische Frauen,“ so Ladav. „Und jeder neue Arbeitsplatz hat einen positiven Welleneffekt. Er wirkt auf die Frau selbst und auf ihr Umfeld.“
„Der Optimismus, der hinter der sozialen Botschaft von Sindyanna steht, inspiriert unsere Mitglieder und gibt ihnen Kraft und Hoffnung", sagt Hadas Lahav. Das spürt auch Shireen nach nur drei Jahren im Unternehmen: „Ich weiß, dass meine Arbeit bei Sindyanna nicht nur mich, sondern auch das Leben meiner Töchter beeinflusst hat. Ihr Leben wird ein völlig anderes sein, denn meine Erfahrung zeigt ihnen, dass sie etwas erreichen können. Sie werden mehr Möglichkeiten haben, zu studieren, die Welt zu sehen und sich zu entwickeln. Ich werde niemals zustimmen, dass meine Töchter mit achtzehn Jahren heiraten, so wie ich es getan habe. Ich werde dafür sorgen, dass sie ihr Leben als unabhängige Frauen leben."
„Die jüdisch-arabische Zusammensetzung von Sindyanna ist ein Zeichen für unsere Vision, die darin besteht, auf eine egalitäre und gerechte Gesellschaft hinzuarbeiten, in der die Interessen aller BürgerInnen berücksichtigt werden..."
Die konkrete Arbeit Sindyannas wird von eine klaren Haltung zu den Brüchen in der israelischen Gesellschaft getragen. Hadas Lahav: "Dies ist auch in unserer Fair-Trade-Identität verankert. Wir lehnen den Ansatz ab, der die Beziehungen zwischen der modernen israelischen Wirtschaft und der unterentwickelten arabischen Wirtschaft in unserem Land als ein Nullsummenspiel betrachtet. Eine solche Haltung nährt Gefühle der Verbitterung, die sich in Diskriminierung und Gewalt niederschlagen.“